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Fahrer bei der Formula Student

Sebastian Trinks, 23, ist seit 2008 Mitglied bei Elbflorace und studiert Maschinenbau mit Vertiefung Kraftfahrzeugtechnik an der TU Dresden. Seit seinen Anfängen im Verein ist er Fahrer für unser Team und hat inzwischen bei vier Formula Student Events in unseren Boliden Platz genommen. Für den Mai-Newsletter haben wir ihm auf den folgenden drei Seiten einige Fragen rund um den Arbeitsplatz im Cockpit eines Formula Student Rennwagens gestellt. Ein Novum war dieses Jahr zudem die Suche nach Fahrern, die bisher nicht Mitglied in unserem Team waren. Als kleinen virtuellen Leckerbissen gibt es zur Fahrerauswahl ein Video auf dem Elbflorace Youtube Channel.

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Als Einstieg eine Frage, die du wahrscheinlich oft gestellt bekommst: Wie wird man denn Fahrer eines Formula Student Rennwagens bei Elbflorace?
Bei der Konzeptfindung der letzten Saison haben wir uns gedacht auch externe Fahrer anzuwerben und auszubilden. Da gab es einen Artikel in der CAZ und über dreißig Bewerbungen sind eingegangen. Mit den Bewerbern waren wir mehrfach Kartfahren und nach und nach sind Bewerber ausgeschieden. In einem Zeitfahren haben wir dann die schnellsten acht Fahrer bestimmt. Die waren eine Runde weiter und mit denen haben wir dann einen Fitnesstest und ein speziell auf die Fahrer zugeschnittenes Wissensquiz gemacht. Hierbei ging es beispielsweise darum, auf was ich als Fahrer beim Event achten muss und welche Stellen im Reglement wichtig sind. Momentan testen die Fahrer mit unseren Verbrennerfahrzeugen, um ein Gefühl für die Formula Student Rennautos zu bekommen und Erfahrungen zu sammeln. Die meisten haben bisher nur Erfahrung mit Go-Karts. Und damit unsere Leute fit bleiben, machen wir zusammen auch noch sportliche Aktivitäten, wie etwa Volleyball oder nehmen am Campuslauf auf dem TU Gelände teil.

Warum gerade acht Fahrer? Sind darunter auch Frauen?
Naja, nicht alle Fahrer können zu allen Events mit. Pro Event haben wir vier Stammfahrer und zwei Ersatzfahrer, falls jemand krank wird oder nicht fahren kann. Somit sind wir immer auf der sicheren Seite. Frauen sind dieses Mal leider keine dabei.

Brauche ich besondere Voraussetzungen?  Was zeichnet einen guten Rennfahrer aus?
Der Führerschein Klasse B ist auf jeden Fall eine Voraussetzung vom Reglement. Eine Grundfitness und eine gewisse Reaktionsschnelligkeit sind sehr wichtig. Man sollte außerdem als Fahrer nicht allzu groß sein, damit man auch noch in die Autos reinpasst. Und gut wirst du dann, wenn du als Rennfahrer ein Gefühl für das Auto entwickelst. Schon vor der Kurve musst du wissen, wie das Auto in der vor dir liegenden Kurve reagiert. Ein guter Fahrer fühlt es einfach, wenn sich während der Fahrt ein Paramter des Fahrzeugs ändert. Ohne dass er weiß, was genau sich verändert hat, kann er es trotzdem schnell reagieren und das Fahren darauf anpassen.

Oft gibt es den Vergleich mit einer Seifenkiste mit Motor, aber das Auto zu bedienen ist sicherlich mit Anstrengung verbunden, oder?
Wie gesagt, körperlich ist es schon anstrengend. Aber das ist machbar. Den psychischen Druck würde ich als höher einschätzen und genau da setzen wir an und trainieren die Fahrer.

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Hast du selbst schon Erfahrung außerhalb von Elbflorace mit dem Motorsport gesammelt?
Ich habe mit sechs Jahren mit dem Motorsport angefangen, bin dann sechs Jahre Slalom Kart gefahren, vier Jahre Rennkart und später bin ich auf die Formel König umgestiegen. Nebenbei habe ich an diversen Racecamps mitgemacht. Mein größter Erfolg war bisher zweifacher deutscher Meister im Rennkart im Jahr 2003. Und seit dreieinhalb Jahren fahre ich eben mit den Elbflorace Rennwagen.

Was ist das für ein Gefühl, bei dem Bau eines Rennwagens mitzumachen, den man nachher selbst auch fahren kann?
Ich hab‘ einfach Benzin im Blut…(kurze Pause, lacht)…jetzt natürlich eher Elektronen. Motorsport ist eine Leidenschaft, mit der man einfach nicht aufhören kann. Wenn man das Auto noch selber mitgebaut hat, dann ist es natürlich das i-Tüpfelchen damit selbst fahren zu können. Durch die Arbeit an den Rennwagen bekommst du einfach viel mehr über die Details und Kleinigkeiten mit und kannst die Lösungen aus dem Computer direkt in der Praxis erfahren.

Du selbst bist auch schon mit unseren Verbrennerfahrzeugen gefahren – jetzt wird bald das zweite E-Auto fertig. Wie unterscheidet sich das Fahren eines E-Rennwagens von dem eines ‚herkömmlichen‘ Rennwagens?
Der größte Unterschied ist auf jeden Fall der Sound. Ganz lautlos ist es natürlich nicht, aber das Röhren des Motors fehlt ein wenig. Allerdings muss man nicht mehr Schalten und das Kuppeln fällt weg. Die Elektromotoren haben schon von Anfang an konstantes Drehmoment anliegen und es gibt keine Unterbrechungen mehr beim Vortrieb. Auf eine Art wird die Bedienung des Wagens und die Fahrweise etwas einfacher.

Worauf kommt es beim Testen des Fahrzeugs an?
Am Anfang ist es wichtig, das Fahrzeug zuverlässig zu machen. Du kannst ein zuverlässiges Auto durchs Testen und Einstellen schnell machen, aber kein schnelles Auto zuverlässig, wenn es nur in der Box steht. Zuverlässigkeit und die Sicherheit sind natürlich das A und O vom Fahrzeug. Vor dem Testen setzen wir Fahrer uns mit den Modulleitern zusammen und sprechen darüber, was wir an dem Tag testen wollen. Beispielsweise Motoren- oder Fahrwerkseinstellung. Wir verändern immer nur eine Sache, dann schauen wir was passiert. Ansonsten machen wir keinen Schritt nach vorne und sehen nicht, wie sich die Veränderung auf das Fahrzeug auswirkt.
Für das Elektroauto ist außerdem noch das Testen im Regen wichtig. Gerade da muss das E-Auto absolut zuverlässig funktionieren und der Fahrer muss sicher arbeiten können.

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Wenn du auf dem Event an der Startlinie stehst, was geht dir durch den Kopf? Nervosität? Denkst du an das Team und an die einzelnen Schrauben im Auto?
Bei mir speziell ist schon etwas Routine eingetreten – ich bin den Druck schon gewohnt. Eine Grundnervosität ist aber immer da. Bei einem neuen Fahrer ist es schon eine andere Sache. Da ist natürlich mehr Anspannung da – Hält das Auto, finde ich den richtigen Weg durch den Parcours – da hast du dann schon Herzklopfen. Ich meine dir gucken ja alle zu – nicht nur dein Team, sondern ein paar tausend Zuschauer. Und das Team hinter dem Rennwagen ist extrem wichtig. Die Fahrer können auf dem Event maximal zwei Drittel der Punkte holen. Das Team muss ein gutes Auto hinstellen und die Fahrer müssen da voll drauf vertrauen. Nur so kannst du dann gemeinsam mit deinen Teamkollegen die Punkte einfahren und erfolgreich sein.

Sicherheitsmechanismen sind ein wichtiges Thema in der Formula Student. Gerade der Fahrer muss darauf zählen können. Kannst du uns etwas über die Sicherheitsvorkehrungen für den Fahrer erzählen?
Erst einmal gibt es die Fahrerkleidung mit mehrteiliger langer, feuerfester Unterwäsche, die dem neuesten technischen Standard entsprechen. Dann natürlich Handschuhe, Rennanzug, Sturmhaube, Arm-Restraints und einen Helm. Das Auto hat Crashelemente, Überrollbügel und einen Sechspunktgurt, der den Fahrer sicher im Sitz festhält. So kann er sich aufs Fahren konzentrieren und wackelt nicht im Auto herum. Vor jedem Testen und Fahren machen wir einen Ausstiegstest; den muss der Fahrer bestehen. In maximal fünf Sekunden muss er den Gurt lösen, das Lenkrad abmachen und aus dem Auto herausspringen.
Fürs Elektroauto haben wir aus dem letzten Jahr ein gutes Sicherheitskonzept übernommen und weiterentwickelt, sodass dem Fahrer nichts passieren kann, wenn ein Fehlerfall eintritt. Zusätzlich fahren wir beim Testen immer mit Funkgeräten. So kann das Team Kontakt mit dem Fahrer halten, falls etwas am Auto oder auf der Strecke passiert, was man im Cockpit selbst nicht bemerkt.

Was ist das für eine Atmosphäre auf dem Formula Student Event mit vielen anderen Teams aus aller Welt versammelt zu sein? Und tauschen die Fahrer auch mal die Autos?
Generell ist Formula Student eine riesengroße Familie. Wenn über hundert Teams mit knapp 3000 Studenten auf dem Event sind, dann halten alle Teams zusammen und unterstützen sich gegenseitig mit Material oder helfenden Händen. Viele Teams gehen auch zusammen zum Testen und tauschen sich dabei aus. Aus der Formula Student heraus entwickeln sich oft Freundschaften, die auch außerhalb des Wettbewerbs Bestand haben.
Auf dem Event geht das Tauschen der Fahrzeuge natürlich nicht, aber es gibt beispielsweise Sonderveranstaltungen, wie Zwickau Meets Friends oder die Baltic Open. Die sind von den Teams organisiert und da fahren auch die älteren Autos nochmal mit. Dort wird dann schon mal ein Auto getauscht und man kann sehen, wieviel ein schneller Fahrer in einem, sagen wir mal „langsameren“, Auto ausmacht.

Gibt es eine Sache, die du gerne aus deinem privaten Auto in das Formula Student Cockpit mitnehmen möchtest?
Beim Verbrenner wünscht man sich manchmal schon eine Sitzkühlung. Weil wenn man bei 30 Grad Testen geht, dann wird’s schon ziemlich heiß. Und einen Getränkehalter natürlich (lacht). Aber ein Rennwagen muss unbequem sein, damit man sich nicht wie auf dem Sofa fühlt. Dann fährt der Rennfahrer einfach schneller über die Strecke und will schnell wieder aus dem Cockpit rauskommen.

Und zum Abschluss: Wie schätzt du das neue Elbflorace Auto ein? Was glaubst du hat sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert oder gibt es große Neuerungen?
Er soll auf jeden Fall leichter, schneller und zuverlässiger sein. Unser erstes E-Auto war auf jeden Fall ein großer Evolutionsschritt. In der letzten Saison haben wir viel gelernt. Viele Konstruktionen sind dieses Jahr einfacher geworden, um beispielsweise die Kosten zu senken. Ja und dann müssen wir das Auto bewegen und testen. Jeder der neuen Fahrer muss trainiert werden und die Kinderkrankheiten des Rennwagens wollen ausgebügelt werden, damit wir top vorbereitet sind und der Konkurrenz zeigen können, was im Elektrorennwagen made in Sachsen für Potenzial steckt.

Die Fragen für Elbflorace e.V. stellte Michael Scheuermann.

 

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